Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Der Erste Weltkrieg

Ringvorlesung im Wintersemester 2014/15

Dienstags, 18-20 Uhr

Melanchthonianum HS XX

Konzeption und Organisation:

Prof. Dr. Angela Richter, Seminar für Slawistik

Prof. Dr. Dorothee Röseberg, Institut für Romanistik

Prof. Dr. Sabine Volk-Birke, Institut für Anglistik und Amerikanistik


Im Mittelpunkt der Ringvorlesung sollen die verschiedenen Wahrnehmungen und Bewertungen des Ersten Weltkrieges in Geschichtsschreibung, Literatur, Film, Ausstellungen und Presse in denjenigen Ländern stehen, die maßgeblich am Krieg beteiligt waren. Dabei spielen die Erinnerungen und kollektiven Gedächtnisbildungen mit ihren Ansprüchen auf Deutungshoheit ebenso eine zentrale Rolle wie die Verschiebungen im Verhältnis von Erinnern und Vergessen und die spezifischen medialen Formen der Vermittlung.

Das Jahr 2014 zeigt uns, wie unterschiedlich  Erinnerungen an diesen Krieg in das kollektive Gedächtnis von Nationen und Völkern Eingang gefunden haben.  In Frankreich ist z. B. die Erinnerung an die Grande Guerre seit 1918 ein nationales Ereignis; der 11. November ist als Jour de l’Armistice ein nationaler Feiertag. In Großbritannien ist der Erste Weltkrieg immer noch The Great War, dessen mit dem Poppy Day als Volkstrauertag am 11. November gedacht wird. In Australien und Neuseeland wird ANZAC Day am 25. April gefeiert.  In Deutschland, aber auch in den USA,  wurde die Erinnerung an diesen Krieg bisher fast vollständig vom Zweiten Weltkrieg überlagert.

Zudem war  die Frage nach der Kriegsschuld in der jeweiligen nationalen Geschichtsschreibung strittig. Seit den 1980er Jahren  ist Verdun ein gemeinsamer Gedächtnisort für Deutsche und Franzosen und deren Versöhnung geworden. Sarajevo  ist zum weltgeschichtlichen Erinnerungsort  geworden. Die Debatten auf dem Balkan, wo der Krieg seinen Ausgangspunkt nahm,  geben jedoch vor allem darüber Auskunft, wie unterschiedlich das Ereignis, das für die Mehrheit der Südslaven zur Befreiung von österreichisch-ungarischer Herrschaft und zu ihrer Vereinigung in einem gemeinsamen Staat führte, rezipiert wurde. Die auf Grund differenzierter Erfahrungen sich wandelnde Erinnerung bestimmt  auch gegenwärtig öffentliche Debatten und Diskurse. Eine einheitliche Perspektive auf das Ereignis war und ist sicherlich nicht zu erwarten. Zu klären ist also die Frage, welche Narrationen heute vorhanden sind und wie wir sie bewerten.

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